Biveroni's Reisegrüsse (einige Reisen, vor allem die ersten warten noch auf ihre Publikation)

Wir hören, dass es im nächsten Staat, den wir besuchen wollen, ruhig, also politisch ruhig, sein soll. Die Unabhängigkeitsbestrebungen scheinen abgeklungen zu sein.

Die Strasse windet sich immer höher und immer nördlciher. Es wird richtig bissig kalt. Das hätten wir noch nicht erwartet.

Die Überraschung ist gross, als wir uns in die Berge von Naga Land hinaufwinden; plötzlich hat es überall gigantische Kirchen, häufig auf Hügeln und weit herum sichtbar. Jedes Dorf hat mindestens eine.

Es ist Weihnachtszeit und überall hat es Dekoration, Sterne, Krippen, Weihnachtsmännerpuppen, weiss getünchte Äste mit Baumwollbäuschchen.

Wir kommen also gerade recht, morgen ist der 24. Dezember; nie hätten wir gedacht, dass wir Weihnachten in einem christlichen Land verbringen würden (90% der Nagis sind Christen verschiedener Richtungen, Baptisten, Katholiken, u.a.).

Der hohe christliche Bevölkerungsanteil ist Folge der Christianisierung der Naga durch amerikanische Missionare ab dem späten 19. Jahrhundert.

Weihnachtssterne über Kohima

Die Hauptstadt von Naga Land, liegt wie die meisten Ortschaften auf Hügeln in ca. 1500 m Höhe. Es ist sehr kalt geworden; das haben wir nicht erwartet.

Bis hierher sind die Japaner im 2. Weltkrieg 1944 vorgestossen, unglaublich, über all die hohen Berge, aber erklärbar, weil die Japaner als Befreier von der englischen Kolonialmacht auftraten und willkommen geheissen wurden. Hier, in Kohima sind sie von den Engländern schliesslich gestoppt worden. Von hier aus wurde dann der (uns nun bestens bekannte) Asian Highway AH1 über Burma bis nach Thailand weitergebaut, um die Japaner zurückzudrängen.

Ein ‘Highlight’ dieser Stadt ist der Friedhof von über 1600 gefallenen Commonwealth Soldaten.

Die Kathedrale von Kohima ist einem ‘Morong’ (rechtes Foto aus 1920) nachempfunden. Ein Ritualgebäude, in dem die jungen Männer auf ihre Kopfjäger Zukunft vorbereitet wurden.

In jedem Dorf gibt es noch Morongs, jedoch viel einfacher, kleiner und mit Wellblechdach, aber immer noch als Ort für Zusammenkünfte gebraucht.

Vergebens suchen wir nach einem Guide, der uns die Dörfer in der Umgebung zeigen würde, denn allein würden wir die nie finden, doch die wenigen existierenden Guides sind bereits an eine grosse Touristen Gruppe Indischer Studenten vergeben 😕.

Die Nacht vom 23. auf 24. Dezember verbringen wir frierend in einem trostlosen Hotel, es gibt keine Heizung, und wir fragen uns, wie wir den morgigen Weihnachtsabend wohl verbringen würden.

Aber oh Wunder, trifft ein sympathisches Österreichisches Ehepaar ein – wohlgemerkt, die ersten Touristen, die wir seit Mandalay in Myanmar, fast 1000 km von hier, antreffen! Sie unternehmen eine ziemlich verrückte 14-tägige Tour mit Driver und Guide. Sie sind erst seit 2 Tagen unterwegs, doch scheinen sie sich über diese Zusammenkunft in dieser Abgeschiedenheit ebenso zu freuen, wie wir. Als einzige Hotelgäste verbringen wir zusammen frierend einen kurzen Weihnachtsabend im eiskalten Restaurant bei schummrigem Neonlicht. Und das nette Angebot kommt ziemlich unverhofft: Wir sollen sie doch zu den Naga Dörfern begleiten und ihnen einfach hinterher fahren 😃! Jon’s Motto “die Dummen haben doch immer Glück” scheint wieder einmal zuzutreffen.

Die nächsten Tage verbringen wir also zusammen mit diesem interessanten Paar – er Professor, Magistrat, sie Schulleiterin.

Was ist ein Head Hunter?

Endlich wissen wir, woher der Begriff ‘Head Hunter’, Synonym für 'Personalvermittler', stammt – nämlich aus dem Nagaland 😜!

Obwohl seit 1953 verboten, gab es hier noch bis in die 1960er Jahre Headhunter der weniger zimperlichen Art.

Die Naga Dörfer sind auf Hügeln gebaut, obwohl das Wasser von Quellen weiter unten (immer noch!) herauf geschleppt werden muss. Vom Hügel aus liess sich das Dorf eben besser verteidigen.

Die Kopfjäger pflegten nämlich ihre Nachbardörfer anzugreifen und den Besiegten die Köpfe abzuschlagen. Diese wurden dann z.B. an diesem Baum (Foto rechts) aufgehängt und darunter gab es dann Feierlichkeiten.

Zum Teil waren solche Angriffe präventiv, um dem Nachbarn zuvorzukommen (Angriff ist die beste Verteidigung), aber sie waren auch ein Zeichen der Stärke und Männlichkeit, und dazu da, um den sozialen Rang der Sieger und ihre Beliebtheit bei Frauen zu erhöhen. Die Schädel wurden als Trophäen aufbewahrt (Bild oben).

Das denkwürdige Dorf Khonoma liegt auf einem gut zu verteidigenden Bergkamm; dies war die letzte Bastion der Nagas gegen die Engländer, die erst nach mehrmaligen Belagerungen 1879 endlich fiel. Khonomas Einwohner hatten sich mit riesigen gerundeten Steinen, die sie den Berg hinunter poltern liessen bis zum bitteren Ende verteidigt.

Ironischerweise steht zuoberst auf dem Hügel über schönen Reisterrassen dieses Grabmal von britischen Offizieren, die hier gefallen sind.

Nach der Eroberung durch die Engländer setzte die christliche Missionstätigkeit ein, die das Ende des Headhuntings einleitete. Es waren schliesslich nur noch Klanfehden, die etwa zu Enthauptungen führten.

Am Weihnachtstag Morgen gehen die Leute zur Kirche (Foto links), alle hübsch gekleidet, die Männer im dunklen westlichen Anzug mit Krawatte und Bibel in der Hand, die Frauen in schönen traditionellen Kleidern.

Vor der Kirche singen sie “Stille Nacht, heilige Nacht …”; in welcher Sprache konnten wir nicht ausmachen.

Dann gibt es  Feierlichkeiten; das ganze Dorf kommt zusammen und es wird Essen verteilt.

Jon nimmt die Gelegenheit wahr, und versucht die schönen, feingliedrigen Frauen mit den asiatischen Gesichtszügen zu fotografieren.

Seit die Headhunterei aufgehört hat, üben sich die Nagas in friedfertigen Zusammenkünften. Berühmt ist das Hornbill Festival, an welchem alle Stämme sich treffen und jeder seine traditionellen Tänze und Rituale vorführt. Das ist scheinbar die einzige Zeit an welcher Touristen ins Land kommen.

Am Weihnachtstag gab es auch ein Schwingfest – ganz nach Schweizer Manier. Statt einer Schwingerhose haben sie einen Schwingergürtel.

Oben: Die Familien setzen sich vor ihre Häuser und geniessen das Weihnachtsmal.

Links: Blick in die Küche.

Im 'Schlepptau' unseres Österreicher Paares besuchen wir weitere Naga Dörfer. Hier einige Impressionen:


Reis Speicher

'Freiluft' Morong (vrgl. weiter oben).

So ein Gefährt haben sie hier noch nie gesehen! Anstehen für die Besichtigung. Regula ist drinnen und macht die 'Führung'.

Naga Dörfer

Hinter den hintersten Naga Bergen dehnt sich die Assam Ebene aus. Es geht schnell hinunter wieder in subtropisches Gebiet.

>>> weiter zu Assam

(Zwei Fotos aus einem Bildband; heutzutage bekommt man die Schädel kaum noch zu Gesicht; sie werden schamvoll versteckt)