Biveroni's Reisegrüsse (einige Reisen, vor allem die ersten warten noch auf ihre Publikation)

“Es ist strikt verboten, östlich von Kakching in Richtung Myanmarische Grenze zu reisen”, so lesen wir im Indien Reiseführer einige Tage nachdem wir eben dieses Gebiet in umgekehrter Richtung von Myanmar her kommend durchfahren haben.

Nach der Myanmar Grenze Richtung Kakching

Tatsächlich werden wir kurz nach dem Grenzübertritt von Myanmar bei der ersten Indischen Schranke von schwerbewaffneten Soldaten mit schusssicheren Kampfuniformen misstrauisch empfangen. Sie weisen uns zur ‘Immigration’. Obwohl wir die einzigen Grenzgänger sind wird der Papierkrieg erfolgreich abgewickelt. Bei den Soldaten löst sich die Stimmung; wir sind ja immer nett und sehen auch so aus als ob wir niemandem ein Haar krümmen könnten.

Die Ebene von Manipur mit schöner Abendstimmung, doch dieser Schein trügt, auch hier überall Soldaten, die Wache schieben. Die Militärpräsenz ist enorm.

Ware aus China über Myanmar?

In den folgenden 50 km passieren wir unzählige hinter Sandsäcken verschanzte Militärposten (die wir tunlichst nicht fotografieren). Jedesmal müssen wir die Pässe vorweisen und immer die gleichen Fragen werden gestellt.

Und es herrscht Chaos pur in Imphal; Lastwagen, Busse, schwarzgelbe Kleintaxis, Tuktucks, Rikschas, Kühe, Schweine, Hunde, Hühner, Enten, Menschen, Menschen, und nochmals Menschen, ständiges Gehupe; es ist farbig, staubig, einfach voll; die Sinne sind schlicht überfordert. Vorsichtig tuckern wir in dieser bewegten Masse. “Es darf nichts passieren – wir dürfen nichts und niemanden anfahren – es darf nichts passieren …” so dreht es laufend in unserem Kopf.

Wir staunen nur so, als wir in Imphal, Manipurs Hauptstadt (vielleicht eine halbe Million Einwohner), einfahren. Das ist beileibe keine schöne Stadt; die Fotos hier spiegeln den Normalfall wider, nicht die Ausnahme; das sind ja bewohnte Bauruinen! “Run-down” meint eine Inderin aus Assam.

Laut Reiseführer gibt es ein einziges gutes Hotel in Imphal. So ein Hotel ist in solchen Situationen wie eine Oase, und wir finden sie instinktiv wie ein Kamel. Tatsächlich, es ist eine Oase und das Essen ist wunderbar, das beste seit Beginn dieser Reise; glücklich sind wir mit der Indischen Küche!


Weil wir ein paar Tage ‘Ferien’ brauchen nach der intensiven Myanmar Reise, verziehen wir uns, mit einem speziellen ‘Permit’ versehen, an den Loktak See, der bekannt ist für seine schwimmenden Inseln mit Strohhütten und die Fischer mit ihren Einbäumen.

Es ist etwas, das sich Resort nennt, eine Art Sommerfrische für besser gestellte Einheimische, wo wir Tom direkt vor unserem sehr einfachen 'Bungalow' stellen können. Ausser ein paar Passanten sind wir die einzigen Gäste. Das Personal ist ausserordentlich nett mit uns; sie kommen morgens und abends vorbei und erkundigen sich nach unserem Wohlebefinden.

Die idyllische Stimmung über dem-See täuscht; der Hügel, auf dem wir sind, ist mit Stacheldraht umzäunt und überall patrouillieren Militärs mit Maschinengewehren.

Rebellen verstecken sich nämlich auf den Inseln. Sie kämpfen für die Unabhängigkeit von Manipur. Tatsächlich wähnt man sich hier viel eher in Myanmar als in Indien. Die Bevölkerung ist Tibetisch-/Birmanischer Herkunft (hat geschlitzte Augen) und hat eine ganz andere Mentalität als die Inder.

Manipur ist weit weg von Zentral-Indien, ‘hinter’ Bangladesch und hinter den Bergen, wahrscheinlich vernachlässigt. Es kämpft mit Immigration aus übervölkerten Gebieten, wie Bangladesch, Bihar, Kalkutta. Die ethnischen Probleme sind gross, die Leute ungebildet, der Staat arm, es ist unsicher, und so ist es schwierig, Investoren zu finden.

Früher war Manipur ein Königreich, doch mit der Eroberung durch die Engländer (im späteren 19. Jh) wurden (auch hier) die Strukturen zerstört, Gebiete zusammengefasst, die vorher gar nicht zusammen gehörten. Dann, 1948, nach dem Abzug der Briten, wurde Manipur, wie die anderen Nordostindischen Regionen auch, zu Indien geschlagen.

Am nächsten Morgen beim Geld herauslassen am ATM erfahren wir, dass vor ein paar Stunden gleich nebenan eine Bombe explodiert ist mit 3 Toten und 4 Verletzten, die zweite Bombe schon in dieser Woche!

Mit Rikscha und etwas mulmigem Gefühl begeben wir uns zum zentralen Markt (könnte ja ein lohnendes Bombenanschlagssziel sein), der sich Markt der ‘3000 Imas' (Mütter) nennt, vielleicht sind es nicht gerade 3000, aber alle sind vom vielen Sitzen ziemlich rundlich.

Wir brauchen etwas Gemüse und Früchte. Shopping Centers gibt es nicht. Doch alles ist frisch und schmackhaft; selbst eine Woche später machen wir mit den Tomaten frischen Tomatensalat. Und die Mandarinen, die man zur Zeit überall findet – einfach grossartig!

Regula beim Einkauf von Gemüse und Früchten – nicht von Kakerlaken.

Offenbar eine Delikatesse: Kakerlaken, ca. 5 cm gross. Die armen Tierchen können nicht aus der glatten Blechschale krabbeln. Merkwürdig und zugleich beruhigend, dass sie nicht auf der Speisekarte von Restaurants zu finden sind.

Wir verlassen Imphal zügig auf einer 'Flickenteppich' Strasse (so nennen wir Schlagloch übersäte Strassen), doch unterwegs, immer noch im Staate Manipur, halten uns abwechselnd Rebellen oder Militär auf. Die Rebellen wollen ‘Zölle’ erheben, um ihren Guerillakrieg zu finanzieren, lassen uns jedoch nach kurzem Augenschein problemlos passieren. Und das Militär hält uns auch auf, weil wir entweder Rebellen sein könnten, oder weil sie uns vor eben diesen Rebellen schützen wollen.

Hier kaufen wir 1 kg Tomaten, 1 kg Mandarinen, 1 grosse Papaya, 2 Gurken, ein paar Zwiebeln und Knoblauch für total Fr. 2.70. Die Rikschafahrt für die 2 km kostet Fr. -.80 .


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